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Hormonale Verhütung: die feinere Art der Unterdrückung?

Kontrollierst du deinen Körper durch Pilleneinnahme oder kontrolliert die Pille dich? Das Buch Sweetening the pill (Wie die Verhütungspille mundgerecht gemacht wurde) geht den heimtückischen Auswirkungen der hormonalen Verhütung auf den Grund. Eine völlig andere Wirklichkeit wird aufgedeckt: schlimme Nebenwirkungen, ramponiertes Wohlbefinden – Millionen von Frauen verlieren ihr Selbstvertrauen. sympto-Interview mit der feministischen Autorin Holly Grigg-Spall.

Übersetzt aus dem Amerikanischen von Harri Wettstein.
>> Original article

Ihr Buch stellt eine Heilige Kuh in Frage: Die Pille. Wie kamen Sie auf dieses Thema?

book_coverEnde 2008 bekam ich unheimliche Angstzustände, Depressionen, Gehirnstörungen und Panikattacken, die meine Arbeit und meine Beziehungen auf den Hund brachten. Nachdem ich jeden Lebensaspekt, auch den gesundheitlichen, zu hinterfragen begann, wurde mir klar, dass nicht ich das Problem war, sondern die Verhütungspille, die ich tagtäglich einwarf!

Schon gar nicht konnte ich verstehen, weshalb die Medien nie über die Nebenwirkungen der Verhütungshormone berichten. Auf meiner Internetsuche stiess ich bald auf etliche andere junge Frauen, die mit den selben Nebenwirkungen kämpften. 

Im Widerspruch zum Pillenmythos, zieht die Pille jedes Organ sowie jede Körperfunktion in Mitleidenschaft. Hunderte Millionen gesunder Frauen nehmen dieses starke Therapiemittel täglich, angefangen in der frühen Pubertät bis in ihre späteren Dreissigerjahre. Doch nur wenige wissen, wie dieses Mittel wirkt und welches die möglichen Schäden sind.

Trotz dieser Enthüllungen hatte ich grosse Mühe, die Pille abzusetzen. Die Entscheidung fiel mir ausserordentlich schwer. Diesen Prozess schildere ich ausführlich in meinem Buch. Doch nach einigen Monaten der Körperentgiftung bereute ich nichts: Glück und Lebenslust überströmten mich. Ich fühlte mich stärker, bekam mehr Selbstvertrauen und verlor meine Ängstlichkeit. Ich hatte wieder einen Zugang zur Welt und zu mir.

Sie beschreiben sich selber als „Opfer des Stockholm-Syndroms“. Wie meinen Sie das?

« Gute Frau, tot oder lebendig, die Pille muss rein! » Hier macht das französische Gesundheitsministerium sogar Werbung für das Stockholm-Syndrom!

Das Stockholm-Syndrom ist ein psychologisches Phänomen, bei dem eine Geisel Empathie, ja sogar Sympathie gegenüber seinem Geiselnehmer entwickelt. Angesichts der Gefahren und Risiken, denen die Opfer unterliegen, ist dieses Gefühl völlig irrational. Das Ausbleiben eines Abusus wird als Freundlichkeit eingestuft. Genau das geschieht mit der hormonalen Verhütung. Die Frauen entwickelten grosses Wohlwollen gegenüber dieser „Frauenbefreiung“; sie können es sich gar nicht vorstellen, dass die Pille sie trotz der Nebenwirkungen, die sie durchaus feststellen, gefangen hält. Es ist sehr schwierig, das Auftauchen der trügerischen Gefühle zu erkennen – wie wenn die Depressionen und Angstzustände immer schon da gewesen wären. Wenn eine Frau die Pille über Jahre einnimmt, ist sie sich vielleicht der unheimlichen Gemütsänderungen gar nicht bewusst. Sie schiebt sich die Schuld selber zu: Es liege in ihrem Charakter, nervös zu sein; es sei ihre „natürliche“ Art, bei den kleinsten Unpässlichkeiten den Heuler zu bekommen.

Weshalb können wir Frauen diese Pillenfalle nicht sehen und wie können wir uns leichter daraus befreien? Sie reden von der Hormonverhütungssucht. Das tönt krass.

Femme-à-la-cigarette-4Es ist wie mit der Zigarette. Das Rauchen durchdringt die Persönlichkeit und das Selbstwertgefühl. Die Chemie mischt mit deinen Emotionen mit und gibt den Ton an. Kommt Aufruhr in unser Leben, ziehen wir uns in die Komfortzone zurück. Die Frauen verlassen sich auf die Pille, weil sie davon ausgehen, dass ihr natürlicher Körper „zu schwach“ sei, um mit allen Lebenssituationen umzugehen. Sie fürchten mangels Selbstvertrauen ein Leben ohne die Pillenkrücke.

Überdies wird eine nicht hormonelle Alternative durch die herrschende Ideologie nicht unterstützt. Die Frauen sehen diese Alternative nirgends in der Kultur verankert. Keine Zeichen werden ersichtlich, dass dies eine Option ist, die Frauen wählen könnten. Der Ausdruck „den Köper in Besitz nehmen“ klingt rebellisch und könnte so missverstanden werden, dass die Frau genau die Identität wählt, die ihr von der Gesellschaft vorgeschrieben wird, wie sie als Frau zu sein hat.

Warum spricht man nicht über Alternativen?

Wir wurden durch die Einfachheit der hormonellen Verhütung überrumpelt. Alles, was wir tun müssen, zielt darauf ab, dass wir möglichst nichts über unsere zyklische Fruchtbarkeit lernen: wie der Zyklus funktioniert, welchen Gesetzen er unterstellt ist und wie wir erst durch die symptothermale Methode autonom werden. Dieses Unwissen wird zugeschüttet durch die verführerisch süsse Pillenpropaganda!

Das „Sicher-und-leicht“-Mantra der Sexualaufklärung wird allen Frauen, die zu zweifeln beginnen, mit klinischen Studien vors Gesicht gehalten. Sobald neue Pillen auf den Markt kommen, gehen die Frauen davon aus, dass diese Produkte Verbesserungen bieten, genau wie ein neues Waschmittel die älteren übertrifft. Der Vergleich, dass die Pille „sicherer als Aspirin“ sei (beides Bayer-Produkte übrigens, HW), wird zur Beruhigung herangezogen, weil beide schon Jahrzehnte verfügbar sind. Diese Verharmlosung ist aber besonders fies: ein Verhängnis für viele Frauen.

Da herrscht eine Riesenkluft zwischen den in den Medien verschönten Behauptungen von Bayer einerseits und den Rückmeldungen von Benutzerinnen, die in ihrem Buch zu Wort kommen andererseits. Wem soll man glauben?

Nicht nur mit der Pille ist da eine Riesenkluft. Das Internet ist voller Aussagen von Frauen, denen Mirena (eine Hormonspirale) schwerwiegende emotionale und physische Probleme zugesetzt haben. Die Symptome, die nach der Entfernung der Spirale auftreten, sind dermassen bekannt, dass man von einem Mirena-Crash spricht. Gegen Ende 2012 begannen diesbezüglich gerichtliche Klagen gegen Bayer. Die Klage der Fahrlässigkeit begründet sich darauf, dass Bayer dieses gefährliche Produkt willentlich und durch aggressives und täuschendes Marketing absetzt.

Die Klagen weisen insbesondere auf das lebensbedrohliche Risiko der Eileiterschwangerschaften hin, auf die Gebärmutterperforation und auf Infektionskrankheiten im Beckenboden. In einer aufwendigen Fernseh-Werbekampagne behauptet Bayer frech, dass dank Mirena die Frauen eine verbesserte Intimität mit ihren Partnern erlebten und sich erst noch „grossartig fühlen und blendend aussehen“.

Als die Pille auf den Markt kam, mussten die Frauen den Ärzten Dampf aufsetzen, um sie verschrieben zu bekommen. Heute müssen sie dafür kämpfen, wenn sie davon loskommen möchten. Die Pille ist nicht mehr eine Wahl, sie ist Pflicht geworden.

Die Frage der Wahl ist sehr aufschlussreich. Heute gilt: Hormonverhütung oder … Schwangerschaft. Es wird uns eingehämmert, dass es diesbezüglich keine „Wahl“ gebe. Darin offenbart sich eine der grössten Pillenlügen. Die Alternative existiert mit der symptothermalen Methode. Das ist eine Frage der redlichen Aufklärung, nicht des Geldes. Im Zykluswissen liegt das echte Frauenempowerment. Sobald die Frauen ihrer Körperintelligenz wieder freien Lauf lassen, kommt das Selbstvertrauen zurück. Wahrhaftige Freiheit und Wahl kommt nur durch eine ehrliche Aufklärung zustande.

Die Pille, die süsse Illusion der Frauenemanzipation?

Die Belgische Gesundheitsbehörde hat nicht gemerkt, wie lächerlich und blöd ihre Pillenwerbung daherkommt.

Der gegenwärtige Feminismus schwärmt von der Konsumentenwahl; die ist quasi ein Freiheitsersatz geworden. Die Tatsache, dass die Frauen von einer Pillenmarke zur anderen überwechseln, beweist, dass sich diese Scheinfreiheit in ganz engen Grenzen hält. Das Thema der Verfügbarkeit hat das Problem der gesundheitlichen Risiken völlig ausgeblendet.

Glauben Sie, dass die hormonelle Verhütung eine neue Art der Unterdrückung darstellt?

Der nicht-menstruierende Frauenkörper passt ausgezeichnet in die westliche, patriarchalische Kultur. Die Frauen werden dazu ermuntert, ihren Monatszyklus zu unterdrücken, damit ja kein Arbeitstag verloren geht, sie jederzeit sexuell verfügbar bleiben und damit sie möglichst keine produktionsstörenden Gefühlsschwankungen mehr haben. Die Frauen haben ihren natürlichen, gesunden Schlafzyklus aufgeopfert, damit sie den erhöhten Produktionsansprüchen am Arbeitsplatz gerecht werden. Die Frau schluckt die Pille, um ihren Weg durch die Gesellschaft zu meistern und um weniger Angst zu haben, nicht dazu zugehören.

Ich bin weder Katholikin, wenn ich das sagen darf, noch bin ich eine Pro Life-Frau, die die Verhütung verteufelt, und schon gar nicht eine Männerhasserin. Ich benütze Kondome, Spermizide und die symptothermale Methode. Ich bin Feministin.

Ein dokumentarisches aus dem Buch Sweetening the pill ausgezogenes Filmprojekt ist gegenwärtig im Gange. Die Partizipationfinanzierung ist auf www.kickstarter.com geöffnet

Die Website: http://www.sweeteningthepill.com/

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